Die für das Pflanzenwachstum und die Entwicklung erforderliche Energie stammt aus der Photosynthese, Atmung und Transpiration, bei denen O₂, CO₂, Nährstoffe und Wasser verarbeitet werden. Diese Energie wird in primären chemischen Bestandteilen gespeichert, die später als Bausteine für das Wachstum genutzt werden. Zu diesen primären Metaboliten gehören Kohlenhydrate, Lipide, Proteine und Nukleinsäuren. Doch wenn Pflanzen im Laufe ihres Wachstums- und Fortpflanzungszyklus Belastungen durch harte Umweltbedingungen, Schädlinge oder Herbivoren ausgesetzt sind, reagieren sie mit der Produktion sekundärer Metaboliten – spezielle Verbindungen, die als Abwehrmittel und Signalstoffe dienen.
Sekundärmetaboliten: Verteidigung und Vielfalt
Pflanzen synthetisieren verschiedene Gruppen sekundärer Verbindungen, um sich vor Schädlingen zu schützen oder sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Beispiele dafür sind:
• Alkaloide wie Morphin und Codein in Opium, die bei Säugetieren psychoaktive und schmerzlindernde Effekte hervorrufen.
• Phenole und Flavonoide, die in Fruchtschalen und Beeren vorkommen und antioxidative Eigenschaften besitzen.
• Schwefelhaltige Verbindungen wie Allicin in Knoblauch, die den Appetit anregen und Lipoglyceride im Blut reduzieren können.
• Saponin-Glykoside aus Seifenkernen, die als natürliche Tenside verwendet werden.
• Terpenoide – die Hauptbestandteile ätherischer Öle –, die nicht nur als Lebensmittelzusatzstoffe dienen, sondern auch aromatische und in einigen Fällen psychoaktive Eigenschaften aufweisen, wie sie in Cannabis zu finden sind.
Terpene selbst sind Kohlenwasserstoffe, die aus kleinen Isopreneinheiten bestehen, während Terpenoide zusätzlich Sauerstoff enthalten. Diese Verbindungen spielen eine zentrale Rolle in der sensorischen Wahrnehmung und im Wirkungsspektrum von Pflanzen.
Terpene in Cannabis
Bis heute wurden in den verschiedenen Cannabis-Genotypen mehr als 200 flüchtige Verbindungen gemeldet. Darunter befinden sich beispielsweise:
• Monoterpene: Insgesamt wurden etwa 58 Monoterpene identifiziert. Zu den wichtigsten gehören:
• Limonen: Verleiht eine zitrusartige Note und steigert unter anderem den Serotonin- und Dopaminspiegel, was anxiolytische, anti-stress- und sedierende Wirkungen unterstützen kann.
• β-Myrcen: Kann die analgetische Wirkung von THC und CBD verstärken, indem es die Freisetzung körpereigener Opioide stimuliert. Hohe Myrcengehalte (über 0,5 %) werden häufig mit einem „Couch-Lock“-Effekt in Verbindung gebracht, während niedrigere Konzentrationen zu einer energetisierenden Wirkung führen können.
• α-Pinen und β-Pinen: Neben ihrem charakteristischen Kiefernduft besitzen diese Terpene die Fähigkeit, die Acetylcholinesterase im Gehirn zu hemmen und so potenziell das Gedächtnis zu fördern sowie kognitive Dysfunktionen zu minimieren.
• Weitere Monoterpene wie Linalool, α-Terpinolen und trans-Ocimen tragen zu einem vielfältigen Aromaprofil bei.
• Sesquiterpene: Insgesamt wurden etwa 38 Sesquiterpene identifiziert. Zu den dominanten Vertretern gehören:
• E-Caryophyllen: Das am häufigsten vorkommende Sesquiterpenoid in Cannabis, das nach der Decarboxylierung durch Hitze in Konzentration steigt. Es wirkt als Agonist des CB2-Rezeptors und vermittelt entzündungshemmende Effekte ohne psychoaktive Wirkung.
• Weitere wichtige Sesquiterpene sind Caryophyllenoxid, E-β-Farnesen und β-Caryophyllen, die das Gesamtaroma und die sensorischen Eigenschaften der Cannabissorten weiter prägen.
Die Cannabinoide in Cannabis werden biologisch aus Diterpenstrukturen synthetisiert, wodurch Phenolterpenoide entstehen, die einen erheblichen Teil der sekundären Metaboliten ausmachen. Die Kombination der unterschiedlichen Terpene verleiht den verschiedenen Cannabis-Sorten ihre charakteristischen Aromen.
Sensorische Unterschiede: Terpenprofile als Geschmacksfingerabdruck
Die Vielfalt im Terpenprofil ist ausschlaggebend für die sensorische Wahrnehmung der unterschiedlichen Cannabis-Sorten. Analysen haben gezeigt, dass sich die Aromen in zwei deutlich unterscheidbare Gruppen einteilen lassen:
• Erdige, holzige und kräuterige Noten: Diese Gruppe umfasst Sorten, die von Noten geprägt sind, die an Wald, Erde und frische Kräuter erinnern.
• Frische, zitrusartige, süße und scharfe Noten: Diese Gruppe zeichnet sich durch Aromen aus, die an Zitrusfrüchte, Zitrone oder süß-scharfe Geschmacksnuancen erinnern.
Diese beiden Hauptgruppen verdeutlichen, wie die Zusammensetzung und Konzentration der Terpene das gesamte sensorische Profil einer Cannabissorte beeinflussen können.
Fazit
Die Energie, die Pflanzen durch Photosynthese speichern, bildet die Basis für die Synthese sowohl primärer als auch sekundärer Metaboliten. Insbesondere in Cannabis spielen Terpene eine herausragende Rolle – nicht nur als Geschmacksträger und Aromageber, sondern auch als wesentliche Einflussfaktoren auf die Wirkung der Cannabinoide. Die Vielfalt der Terpene und ihre Kombinationen sind der Schlüssel zur einzigartigen sensorischen Wahrnehmung und therapeutischen Wirkung jeder Cannabissorte. Durch das Verständnis dieser komplexen biochemischen Prozesse können Züchter und Konsumenten gleichermaßen die Qualität und Wirkung von Cannabis besser einschätzen und nutzen.
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